Samstag, 23. April 2016

Tour und Tortour

Die Bergwandersaison fand ihren fulminanten Abschluss mit einer Tour zu einem 1150 Meter hohen Gipfel, der schön gelegen zwischen dem Jebel Jais (höchster Berg der UAE) und den schroffen Felswänden des Oman ein phantastisches Panorama bietet. 


Zwei Wadis führen vom Gipfel ins Tal. Das eine sind wir hoch, das andere runter. Hoch war sportlich, runter war die Hölle. Nicht wegen der 800 Höhenmeter, der 20 km Strecke oder der zehn Stunden, die wir unterwegs waren. sondern wegen der ständigen Kletterei mit vollem Körpereinsatz.

Hier ein Symbolbild vom Abstieg: Ich lachte noch, weil ich dachte, wir wären schon fast unten. Fred war es da schon egal, ob er jemals ankommt oder gleich tot umfällt. Nur unser Ironman hatte noch die Kraft, den Auslöser der Kamera zu betätigen.


Es war die schönste, interessanteste und technisch schwierigste Tour bisher. Aber der Reihe nach, soviel Zeit muss sein:

DAS GEBIET

Der Berg liegt in Ras Al Khaimah, dem nördlichsten Emirat an der Grenze zur Oman-Exklave Musandam. Die Gegend ist rauh und steinig. Staudämme sammeln das Wasser, das während der wenigen Regentage von den Bergen herabrauscht.


Zum Jebel Jais, dem höchsten Berg, führt eine kurvige Straße, die im Nichts endet. Man hatte sie mal gebaut, weil man oben ein Resort in den Berg setzen wollte. Dann kam die Finanzkrise.


Hier ist unser Gipfel zu sehen, der braune Kegel in der Bildmitte. Das Bergmassiv dahinter gehört zu Musandam. Ein Steig, der Stairway to Heaven, führt dort hinauf. Aber ich bin ja nicht lebensmüde.


DER AUFSTIEG

war kurzweilig und anstrengend. Die Felsen sind anders als im südlicheren Hajargebirge in Fujeirah, weniger erodiert und nicht so scharfkantig. Im Wadi mussten wir zuerst fleißig über große Felsen kraxeln. Später dann ging es oberhalb des Flussbettes auf Ziegenpfaden weiter. 



DIE ZIEGENALM

Das war echt demotivierend: Oben am Hang überholte uns locker ein Einheimischer. Mit Sandalen und Einkaufstüte in der Hand! Hier links im Bild. Der kannte einen Pfad, den wir von unten nicht sehen konnten. Wo wollte der hin?


Das war bald geklärt: Unterhalb des Gipfels, auf den Hängen des Kegels, stießen wir auf alte Steinhäuser. Viele waren alt, aufgegeben und zerfallen.


Andere waren wie neu, frisch verputzt und schön eingerichtet mit allem, was man für ein entspanntes Wochenende in den Bergen braucht.


Vor den Häusern wurden mit viel Mühe Terrassen angelegt. Auf diesen sammelt sich das Wasser, es wächst Gras, und Ziegen finden dort etwas zu fressen.

AM GIPFEL

Oberhalb der Siedlung kam endlich der Gipfel in Reichweite. Eine erstaunlich ebenmäßige Spitze, umgeben von Ringen aus großen Steinquadern.


Endlich oben auf dem Steinhaufen. Der Gipfel besteht aus einer schwarzen Kappe aus zerklüfteten Steinplatten. Basalt, schätze ich, vielleicht ein Vulkankegel.


Aus jugendlichem Leichtsinn haben wir hier oben beschlossen, durch die Schlucht auf der anderen Seite nach unten zu gehen. So sieht sie aus:


DAS LAVAFELD

Auf dem Weg zur Schlucht stießen wir auf ein breites, abschüssiges Feld voller gleichmäßiger Basaltbrocken. Ein wirklich interessanter Berg!


Daneben lag ein kleiner Friedhof, der sicherlich sehr alt sein musste. Keine Inschriften auf den Grabsteinen, aber liebevolle Verzierungen. Hat mich sehr gerührt.


DER ABSTIEG

Wie immer im Gebirge ist der Einstieg am schwierigsten. Als wir endlich im Wadi waren, war uns schnell klar, dass das ein anderes Kaliber ist als das vorherige. Nur selten ging es gemächlich zu wie auf diesen Bildern:





CHALLENGES!

Die Route hatte einige Herausforderungen zu bieten. Wir hatten weder genug Energie noch genug Proviant für eine Umkehr. Wir mussten einfach da runter. Ein Seil hätten wir mitnehmen sollen.



DIE OASE

Mitten im Berg wurde das Wadi plötzlich breit und flach. Wir dachten schon, ab jetzt wird's einfacher.


Es war aber nur ein Traum. Wir befanden uns in einer wundersamen Oase, umgeben von Felswänden. Ein schöner, surrealer Ort, völlig unerwartet.


Hier sieht man mich mit beidseitigem Oberschenkelkrampf stöhnend auf der Wiese liegen. War das schön, als der Schmerz nachlies. Zu wenig Salz im Körper trotz Elektrolytdrinks. Immerhin lag ich weich.


Ursache für die Entstehung dieses Paradieses war ein Bergfall, der vor was weiß ich wieviel tausend Jahren das Wadi blockiert hatte. Mit der Zeit hat sich vor dieser natürlichen Staumauer Sediment angesammelt und ein Becken gebildet, das fruchtbar wurde.


Natürlich mussten wir den Steinhaufen überwinden, und schon ging's weiter mit dem Wahnsinn. Die paar blauen Pixel links im Bild sind Fred. Alles ist gewaltig in der Gegend.

FAUNA UND FLORA

Zum Schluss noch ein paar Details, die ich interessant finde. Schlangen und sonstige größere Reptilien gab es auch diesmal leider nicht zu sehen, aber man erfreut sich an anderen kleinen Entdeckungen, und neugierigen Ziegen.




Besonders angetan war ich von einem prächtigen Feigenbaum, der mitten im Trockenbett wuchs. Wie schafft er es zu überleben, wenn es ca. 350 Tage im Jahr nicht regnet?


FOSSILIEN UND STEINE

Ich hatte Glück und stolperte über einige beeindruckende Fossilien. Hier eine große Platte mit Hunderten versteinerter Muscheln. Gefunden auf ca. 1100 Metern Höhe.


Es ist bekannt, dass hier mal ein Meer war vor langer Zeit. Die Versteinerungen auf diesem Felsblock deute ich als urzeitliche Blätter, der Größe und Form nach zu schließen. Nach dem Meer kam vermutlich der Urwald.


Selbst die normalen Steine, die man so findet, geben Rätsel auf für den Laien. Bunt, voller ungewöhnlicher Muster und Formen. Ich brauche dringend einen Geologen, der mir das mal alles erklärt. Die arabische Halbinsel ist ein Paradies für ebendiese, es muss doch einer zu finden sein.



GESCHAFFT!

Die elende Kraxelei ging noch eine Weile so weiter. Ein Trümmerhaufen zum Drüberklettern löste den anderen ab, nur unterbrochen von wenigen hundert Metern einigermaßen gehbarer Strecke. Wie schon beim letzten Mal wurden uns Ü40ern dann doch noch die Knie weich. Aber irgendwann waren wir unten. Bester Hike aller Zeiten!!!


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