Dienstag, 30. Januar 2018

Das Geisterdorf

Wir waren mal wieder im Sand unterwegs. Unser Mission war, mittels GPS-Koordinaten eine verlassene Siedlung mitten in den Dünen zu finden. Da wir ja immer ambitioniert sind, haben wir uns diesem Geisterdörfchen quer über die Dünen genähert, denn längs kann jeder. Diese waren klein und gemein, und es wurde eine recht lustige Tour mit vielen Stucks daraus. Eine gute Gelegenheit, mal etwas darüber zu erzählen:


Hier fährt (bzw. steckt) die Jugend und macht einen Anfängerfehler. Trotz 375 PS, irrem Drehmoment und erstklassigen Offroad-Reifen zu wenig Schwung geholt, seitlich abgerutscht und sich eingegraben. Schaufel und Sandbleche holen einen hier raus, aber die Schwerkraft gewinnt immer.


Der Klassiker: Auf dem Dünenkamm aufgesetzt, da trotz modifizierter Federung kein Reifen ausreichend Kontakt mehr hatte. Da hatte ich mal zu wenig Massenträgheit eingesetzt, die einen bei richtiger Dosierung problemlos drüberrutschen lässt. Das ist wörtlich gemeint: Das Auto rutscht mit dem Wagenboden über den Kamm - an das Geräusch dabei muss man sich gewöhnen.


Wer alleine ist, muss viel Sand unterm Wagenboden wegschaufeln, um freizukommen. Leichter geht's mit dem Bergeseil oder, wie in diesem Fall, mit der Motorwinde. Abwickeln, festmachen, einschalten. Zehn Sekunden später ist man raus, völlig unspektakulär. Ein echter Luxus, das Ding.


Hier werden wir von den Kamelen mit Verachtung gestraft. Der Landrover hat zwar doppelt so viel PS und Nm wie mein alter Jeep, ist aber auch fast doppelt so schwer. Und manchmal helfen sämtliche Sperrdifferenziale nicht aus der Bredouille. Um sauber über die Düne zu kommen (nicht fliegen, nicht steckenbleiben) muss man nicht nur die richtige Geschwindigkeit haben, sondern auch ein bisschen Mut. Denn im Moment des Anstiegs sieht man nur den Himmel, aber nicht, was hinter der Düne kommt. Das kann man mit etwas Erfahrung jedoch voraussagen.


Hier zieht David den Goliath mit einem kinetischen Bergeseil von der Düne. Das ist aus elastischem Material, kann also einiges an potentieller Energie aus dem Zugfahrzeug übernehmen, bevor es sie mit Verzögerung an das gezogene Fahrzeug abgibt - im Ergebnis deutlich schonender als ein konventioneller Bergegurt, mit dem man sich bei falscher Kraftdosierung schon mal den Abschlepphaken abreißen kann.


Was aussieht wie ein Achsbruch ist nur ein schönes Beispiel für meine maximale Achsverschränkung. Genau deshalb ist ein langer Federweg so wichtig: Nicht nur wegen der Bodenfreiheit, sondern auch damit immer möglichst viele Reifen Bodenkontakt haben können. In diesem Fall hat es mir nichts genützt: Zwei Reifen hingen in der Luft. Da ich bei meinem Jeep keine Differentialsperre reinhauen kann, haben sich genau diese beiden Reifen gedreht, aber halt nicht die, die es gebraucht hätte.


Die übliche Mitteldifferentialsperre hätte nichts gebracht, es hätte schon eine auf der Hinterachse sein müssen. Meine schicken GFK-Sandbleche (von www.sandbleche.de) haben das Problem aber locker gelöst.

Nach all dem Spaß haben wir außerdem unser Dörfchen gefunden. Verlassen, zugeweht, surreal, mit ein bisschen Endzeitstimmung. Warum es aufgegeben wurde, konnte ich nicht in Erfahrung bringen. Ein Grund könnte sein, dass sie den Kampf gegen die Wanderdünen aufgeben mussten.





Ein Filmchen habe ich natürlich auch wieder drehen müssen, als Erinnerung für uns und unsere Gäste, die den Mut hatten, selbst zu fahren bzw. mitzufahren.


Auch sehr gelungen: Ein kurzer Film von unserem Geisterdorf aus der Luft, produziert von der "Drone Collective".


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen