Freitag, 23. Februar 2018

Alles Schweinkram

Unser Supermarkt in der Nachbarschaft hat eine gut sortierte Schweinefleisch-Abteilung ("Pork section - for non-Muslims only"), in der wir uns regelmäßig mit Schnitzel, Aufschnitt und Schwarzwälder Schinken eindecken - der Metzgerei Greisinger und anderen Globalexportierern sei hier mal herzlich gedankt.

In der einen Ecke dieser Abteilung brummt eine große Gefriertruhe vor sich hin, bei der mir vor allem auffiel, dass sie meistens von Filipinos umlagert ist. Ein näherer Blick auf den Inhalt, und sofort stieg mein Respekt vor dieser Bevölkerungsgruppe erheblich: Das sind wirklich furchtlose Esser! Vergiss die Chinesen. Es war praktisch alles da, was so ein Schwein anzubieten hat. Auch das, was ich bisher nicht für essbar hielt, außer kurz vorm Verhungern. Uterus, Schweineohr, ich dachte mir, wenn ich jetzt ein paar Zahnstocher hätte und aus jeder Packung ein paar Teile rausnähme, könnte ich bestimmt ein komplettes Ferkel zusammenstecken.

Aber wat den Eenen sin Uhl, is den Annern sin Nachtigall, also habe ich mal kurz recherchiert. Und in der Tat: Natürlich hat das einen tiefen kulturellen Hintergrund. Erstens, Filipinos essen einfach gern. Wie bei den Franzosen und anderen Völkern ist es ein wichtiger Teil ihres Alltags. Zweitens, sie stehen auf Schwein und Huhn, und da vor allem auf die Innereien. Wer hätte nicht Fisch vermutet, angesichts der über 7000 Inseln, aus denen sich die Philippinen zusammensetzen?

Folgende Links klären darüber auf in einer Weise, die mich durchaus neugierig macht auf manches - aber nicht alles.

Link 1: Wie man als Filipino isst.
Link 2: Was man als Filipino isst.

Einfach faszinierend, was man so aus Holzwürmern machen kann... Die Liebe zum Essen im Allgemeinen und zu Kutteln im Speziellen erklärt vielleicht, warum viele unserer Filipinos - hier in Dubai eine große Bevölkerungsgruppe mit gut ausgebildeten Leuten - übergewichtig sind und einen etwas ungesunden Eindruck machen. Das bezieht sich auf die Herren der Schöpfung; die Damen sind zierlich und achten auf ihre Figur. Aber klein sind sie alle, ein bisschen über ein Meter aus meiner Sicht, und das passt so wunderbar zum philippinischen Lieblingssport: Basketball! Ein lustiges Volk, immer happy go lucky, verstehen was vom Essen, und man kann prima mit ihnen zusammenarbeiten.

Obige Links und untige Bildstrecke (Warnhinweis: Kann verstörende Bilder für Veganer enthalten) beweisen dann endgültig, was einem Leckeres entgeht, wenn man nur Schnitzel mit Pommes und Medaillons in Rahmsoße kennt. Also was mich angeht, ich bin ja ein einfacher Mensch, für mich reicht das Filet.





No animal part goes to waste
Filipinos don’t like wasting food and are ingenious when it comes to making sure no animal body part goes to waste when cooking up a dish. In fact, the nationally-loved dish sisig, made mostly of the parts of a pig’s face, was first created in an attempt to make use of the unwanted cuts thrown away by what was then a US Air Force Base in the country. So don’t be surprised to find entrails mixed into several Filipino dishes. And do you think that lechon (whole roasted pig) is kept whole for aesthetic purposes? No way! Go pinch off that ear!

Mahlzeit. Schweinsgesicht fand sich zwar nicht in der Horrortruhe, ganze Schweine aber schon.

Sonntag, 18. Februar 2018

Fujairah Wadis

Es muss nicht immer Dune Bashing sein. Das Hajar-Gebirge zwischen West- und Ostküste hat eine ursprüngliche Landschaft mit schönen Bergstraßen und steinigen Wadis zu bieten. Da wir alle die passenden Autos dazu haben, sind wir mal wieder losgezogen. Ins GPS haben wir eine Fünf-Wadi-Tour einprogrammiert, die den ganzen Tag dauern sollte. Schön war's.

Los ging's vom Dörfchen Al Ghail aus, das malerisch am Fuß der Berge liegt, dort wo Wüste und Fels aufeinander treffen. Man kann sich dem Ort über eine langweilige Straße nähern, oder besser über einen alten, aber gepflegten Track im Hinterland.



Im Wadi Asimah musste ich feststellen, dass die ehemals rauhe Strecke eingeebnet wurde und nun sehr einfach zu fahren ist. Auch von den schönen Wasserkanälen, den Falaj, war nichts mehr zu sehen. Das ist eben Fortschritt aus Sicht der Einheimischen, die nun ihre Plantagen leichter erreichen können. Wir sind in ein Seitental gewandert und haben einen der wenigen Tümpel gefunden, mit Fischen, Fröschen und einem Wasserskorpion. Auch die Hunde fanden das toll.




Am Ende des Wadis liegen die Dörfer Asimah und Tayyibah. Dort findet das typisch gelassene arabische Landleben statt, Lichtjahre entfernt von der Hektik Dubais.



Endlich mal richtig knifflig wurde es dann im Wadi Tayyibah. An einem Punkt hieß es sogar "Ende Gelände" für unsere Autos. Der weitere Weg war schön schwierig zu fahren und bedurfte manchmal zentimetergenauer Rangieranweisungen. Dann wurde es aber Zeit für unser Picknick im Schatten einer Palmenplantage.




Am nördlichsten Punkt der Route sind wir umgekehrt und durch die Wadis Sena und Sidr gepflügt. Am Scheitelpunkt der beiden Wadis hat man eine tolle Aussicht, wenn das Wetter mitspielt. Auf dem Bild ist das Küstenstädtchen Dibba und der Golf von Oman zu sehen.



In der Abendsonne ging's dann flott zurück nach Dubai durch das Wadi Mayd. Einen ungeplanten Boxenstopp zwecks Reifenwechsel mussten wir noch einlegen, aber dann ging es weiter auf der schönen Bergstraße.


Freitag, 9. Februar 2018

Oh Dubailand...

...was ist aus dir geworden? Nichts. Gut so, oder? Das Stadtentwicklungsprojekt Dubailand war eines der größten Dinger, die meines Erachtens jemals geplant wurden. Schon das Modell dazu: Das größte, das ich je gesehen hatte. Im aufwendigsten Sales Office, dass ich je... ja genau. Eine Schau für sich, und es ist höchst erstaunlich, dass es heute noch steht, obwohl jedem klar sein müsste, dass nichts von dem noch realisiert werden wird. Und trotzdem: Als wir vor einiger Zeit dort waren, gab es tatsächlich Interessenten, die sich von den üblichen Immobilienverkaufsschnecken haben zutexten lassen.




Nach diesen Bildern müsste klar sein, dass Dubailand tatsächlich der angemessene Name dafür ist. Überdrehter geht es kaum, der ernsthafte und intellektuelle Europäer rümpft die Nase. Aber für uns 10% der Weltbevölkerung wurde das auch nicht gemacht, sondern für alle anderen - vor allem für die, die in den aufstrebenden asiatischen Staaten zu Geld gekommen sind und nach Anlagemöglichkeiten suchen.


Obiger Ausschnitt ist aus dem United Arab Emirates Yearbook 2006eine interessante Quelle. Die geplante Fertigstellung war 2020, ha!, auf einer Fläche von der Größe Münchens. Was heute im Internet noch unter dem Stichwort Dubailand zu finden ist, sind ganz normale Wohnsiedlungen ohne Schnickschnack. Hier noch ein paar Detailbilder vom ursprünglichem Design:




Dubailand sollte sich in der Wüste hinter den Arabian Ranches ausbreiten, einem großen Compound, in dem wir von 2006 bis 2008 gewohnt hatten. Damals hüpften noch Gazellen hinterm Haus über die Dünen. Nun sind dort zwar einige neue Wohnviertel mitsamt zwölfspuriger Autobahn, aber es gibt immer noch Gazellen, nur kein Dubailand. Das ist fast schade, denn ich hätte mich gerne vom Gegenteil meiner damaligen Meinung überzeugen lassen: Dass die alle komplett durchgeknallt sind.

Als 2008 die Finanzkrise Dubai erreichte, kam das Projekt nie mehr richtig aus den Startlöchern, so wie andere, ziemlich irre Pläne auch: Zum Beispiel The World, die Palm Jebel Ali oder der Arabian Canal, alle ohne weiteres vergleichbar mit dem Pyramidenbau vor 4500 Jahren. Nur: Ohne solche Visionen gäbe es eben keine Pyramiden, und wir wären auch nie zum Mond geflogen.

Aber natürlich zuckte da bei manchem trotzdem der deutsche Schadenfreudereflex ganz heftig. Man konnte dies besonders schön an den damals erschienenen Zeitungsartikeln ablesen, vor allem aber an den hämischen Forumsbeiträgen vieler klein und hässlich denkender Leute. 

Dem kann man einiges entgegensetzen: Alle Infrastrukturprojekte wurden konsequent weitergeführt, neue gestartet. Andere Großprojekte, z.B. die Stadtviertel Motor City und Sports City, wurden bzw. werden fertiggestellt. Die Küste wurde auf viele Kilometer in einen modernen Stadtstrand umgebaut. In der Stadt und draußen in der Wüste entstehen gerade 800 km Fahrradwege. Und sogar der Canale Grande wurde eröffnet.

Das für mich beeindruckenste Beispiel ist Dubai Marina. Unten ein Bild von 2004, wie ich es bei meinem ersten Besuch erlebt habe: Eine staubige Monsterbaustelle mit etlichen Kränen und Rohbauten. Heute eines der quirligsten Stadtviertel, in dem 24/7 der Bär steppt, bevölkert von ca. 100,000 vor allem jüngeren Menschen aus allen Erdteilen, die den urbanen Hochhaus-Apartment-Lifestyle (ein Megatrend) unseren eher beschaulichen Compounds am Rand der Wüste vorziehen. 



Auch die Anzahl der Baustellen und Kräne ist wieder stark angestiegen, die Stadt befindet sich nach wie vor im Dauerumbruch - fast, als wäre nichts geschehen. Ob dies alles nur eine weitere Blase ist, wird sich zeigen. Fest steht: Der Masterplan geht weiter - mit Korrekturen - und die Geschichte scheint noch lange nicht zu Ende. Die Stakes sind nach wie vor hoch, der Erfolg ist keineswegs garantiert, aber auch nicht unwahrscheinlich. 

Eines ist klar: Die üblichen verzagten und pessimistischen Denkmuster, die so typisch für die deutsche Mentalität sind, darf man hier nicht anlegen. Das, was hier umgesetzt wird, ist eher eine Mischung aus amerikanischem "Can do"-Fundamentaloptimismus und asiatischem Expansionsdrang, gepaart mit der Art von Hybris, die Großes schaffen kann. Oder war jemand etwa NICHT beeindruckt, als neulich Tony Starks Boosterraketen gelandet sind? Can do! Gleiches Muster.