Samstag, 19. November 2016

Halleluja, ein Supermond!

Gegenüber uns hat Leonard Cohen jetzt den Vorteil, dass er sich nicht mehr die hunderste verhunzte Version von "Hallelujah" anhören muss. Nicht jede singende Hipstertruppe muss meinen, sie würde mit einer überkandidelten A-Cappella-Version das Werk des Musikers würdigen, wirklich nicht. Es wäre auch keine Überraschung, wenn binnen zwei Jahren sein Leben als ein weiteres Musical verwurstet wird, das die Welt nicht braucht. Titel: Hallelujah.

Gut dazu gepasst hat der zweite Hype der Woche, der super Supermond. Zur Wiederholung: Vollmond und Perigäum (erdnächster Punkt) fielen zusammen, so wie vor einem Jahr auch schon, und das Jahr davor, und davor... alle 13,6 Monate eben, das konnten schon die Dinosaurier beobachten, falls sie aufgepasst haben.

Es sind ja alles nur ellipsenähnliche Bewegungen. Und wer in Trigonometrie nicht gepennt hat, weiß, dass Veränderungen um die Extremwerte der Sinuskurve am kleinsten sind. Im konkreten Fall: Der Vollmond erschien ganze 0.6% größer als im Vormonat, ta-daaa... Oder in Kurzform: Das Märchen vom Supermond ist Esoterikscheiße für Spinner und Leichtgläubige, mehr nicht, geprägt von einem Astrologen, und bereitwillig von den Medien aufgenommen. 

Warum ist dort die Rede vom "größten Mond seit 1948" und ähnlichem? Weil er diesmal rund 1500 km näher ist als im Durchschnitt der Perigäumsdistanz. Das entspricht 0,4% Abweichung und ist irrelevant. Trotzdem hat es die Leute nicht davon abgehalten, an den Rand der Wüste zu ziehen und dort unbrauchbare Handyfotos zu machen.


Obiges Bild zeigt den Supermond am Supermondtag von der Palmeninsel aus gesehen, mit dem Burj al Arab und dem Jumeirah Beach Hotel. Dort oben, in der schicken Uptown Bar, saßen wir kurz vorher bei Cocktail und Oliven mit meinem Cousinchen, die mit Mann auf Kurzbesuch vorbeikam. Größer wäre der Mond allerhöchstens durch weitere Mojitos geworden. Schöne Aussicht:


Am selben Abend besuchten wir noch zusammen eine Soirée, die alljährlich vom Centre for Musical Arts in der Privatresidenz deren Chefin abgehalten wird. Dort bleibt kein geringer Teil unseres Einkommens, denn wir sind seit Jahren Stammkunden für Gesang, Gitarre, Cello, Querflöte, Klavier und kurzzeitig sogar Schlagzeug. Conny bekam großen Applaus, verweigert mir hier aber die Veröffentlichungsrechte.


Der Chor der Musikschule hat ebenfalls etwas vorgetragen, and guess what: Hallelujah, von Leonard Cohen! Drei Tage nach seinem Tod, aber einen Tag vor dessen Bekanntwerden. Zusammenhänge sind also auszuschließen.

Was noch so los war: Flag Day vor einigen Tagen, an dem das Land sich seiner Einheit und seiner Werte erinnert. Das ist vor allem ein Tag der Emiratis. Wir machten einen ausgedehnten Strandspaziergang und fanden uns in einem Flaggenmeer à la Christo wieder.


Zudem haben wir ein neues Kunstviertel besucht, über das ich ein andermal schreiben werde. Contemporary Art hält Einzug in Dubai. Dazu gehörte auch das Kammerstück "Red", aufgeführt vor kleinem Publikum in einer Gallerie. Das war mal etwas völlig neues, so dicht dran am Geschehen.


Es ist also immer noch was los, langweilig wird uns nicht. Und: Vorgestern dann haben wir etwas Neues gemacht: Spontan und nur zu zweit sind wir in die Wüste entflohen, haben das Zelt aufgeschlagen, eine Flasche Wein geköpft und ganz tiefenentspannt die Ruhe genossen. Wiederholungswürdig.




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